WOHN-BEDÜRFNISSE
Wohnen – psychologisch betrachtet
Beispiele aus der Praxis
Guter Grundriss – gutes Leben
Endlich ist es soweit, man entscheidet sich als 5-köpfige Familie das Traumhaus zu kaufen. Die Lage ist perfekt, es gibt einen grossen Garten für die Hunde und man kennt die Nachbarschaft. Es gibt genügend Zimmer für alle und auch zwei Badezimmer sind vorhanden. Klingt doch alles super und am besten, man zieht heute noch ein.
Als Wohn- und Architekturpsychologin fällt mir sofort die Anordnung der Kinderzimmer im Grundriss auf. Ein Kinderzimmer ist im ersten Stock, neben dem Elternschlafzimmer, die anderen zwei Kinderzimmer sind im Erdgeschoss. Bei grösseren Kindern mag das ein Vorteil sein, jedoch sind die Kinder zwischen zwei und sechs Jahren alt. Die Schlafräume sind nicht nur durch einen Flur sondern auch durch ein Treppenhaus getrennt. Für Kleinkinder viel zu weit weg von den Eltern. Und wenn sie Teenager sind, dann müssen sie in den ersten Stock gehen, um zu duschen, da sich die zwei Badezimmer dort befinden.
Architekt:innen legen bei der Planung ihren Fokus oft auf die Hardfakts wie: Zimmeranzahl, wo sind die Wasseranschlüsse und wie bekomme ich alles unter ein Dach. Dabei bleibt die Wohnwirkung auf der Strecke. Dank meiner Ausbildung in Wohn- und Architekturpsychologie achte ich vor allem auf die Bedürfnisse der Bewohner. Gerade bei Neubauten zahlt es sich aus, den Grundriss wohnpsychologisch begutachten zu lassen, um mögliche Änderungen einplanen zu können. Aber auch bereits errichtete Objekte können optimiert werden.
Meine Traum-Immobilie
Der Beschluss ist gefasst: man möchte in eine neue Immobilie umziehen. Doch was genau wird gesucht? Was sind meine Bedürfnisse und was sind Wünsche? Kommt es auf die Quadratmeteranzahl an oder sind Zimmer wichtiger?
Bevor die Suche am Immobilienmarkt beginnt, ist es wichtig, sich über seine Vorstellungen bewusst zu sein. Dies spart nicht nur Zeit und Kosten – man weiss, was man will, und braucht nicht jede Immobilie ansehen – sondern schützt auch vor Fehlkäufen.
Kleiner Tipp: Nicht nur die Immobilie selbst genauer unter die Lupe nehmen sondern auch das Umfeld. Als 10-jähriges Einzelkind in einer Pensionisten-Gegend ohne Nachbarskinder aufzuwachsen, kann Einfluss auf die Kindesentwicklung haben. Das Wohnumfeld hat einen enormen Einfluss darauf, ob wir uns zu Hause fühlen. Zusammen können wir einen genauen Plan der Traum-Immobilie aufstellen, sodass es nicht zu negativen Überraschungen kommt.
Gestaltung einzelner Räume
Eine Klientin kam mit ihrem Sohn zu mir, weil er sich schwer tat, zu Hause zu lernen und seine Hausaufgaben zu machen. Sie dachte, es fehle an seiner Motivation. "Er sitzt beim Esstisch im Wohnzimmer und spielt nur mit dem Handy", beschreibt die Mutter ihren Eindruck. Im Gespräch stellte sich heraus, dass sich der Teenager im Wohnzimmer kaum konzentrieren kann, da die 4- jährige Schwester daneben lautstark spielt und die Mutter telefoniert. Die Situation führte des öfteren zu Streit, da sie sich gegenseitig in ihren Aufgaben behinderten.
"Warum lernst du nicht in deinem Zimmer?", fragte ich ihn. "Weil ich mich dort nicht wohl fühle",war seine Antwort. Nun lies ich mir das Zimmer von ihm aufzeichnen und sah das Problem. Sein Schreibtisch stand direkt vor einer weissen Wand und er hatte die Zimmertüre im Rücken. Unbewusst war sein Körper alarmiert, dass jemand in seinem toten Winkel stünde, denn er sah nicht, wenn die Tür aufging. Des Weiteren hatte er keinen Ausblick, sondern sah eine weisse Wand vor sich. Durch kleine Veränderungen der Einrichtung wurde der Schreibtisch im Zimmer benutzbar.