Dankbarkeit als Hilfsmittel zur besseren Krisenbewältigung
Kein Tag vergeht, an dem nicht über die Kriegssituation in der Ukraine berichtet wird. Im TV werden Bilder der Zerstörung gezeigt und Zeitungen informieren über die Schicksalsschläge anderer Familien. Das schlägt sich auch auf unsere Stimmung. Wir fühlen uns machtlos und hinterfragen das eigene Leben. Durch Sach- und Geldspenden versuchen wir, wenigstens einen kleinen Beitrag zu leisten, um den Menschen in der Ukraine zu helfen, jedoch das Ohnmachts-Gefühl bleibt. Während man selbst den eigenen Geburtstag plant, planen andere ihre Flucht vor dem Krieg. Die Situation belastet unsere Psyche und das allgemeine Wohlbefinden so stark, dass es unseren Alltag beeinflusst. Die Folgen sind Nachlass der Konzentrationsfähigkeit, schlechte Stimmung, innere Unruhe, Anspannung und auch manchmal Angst.
(Quelle: https://www.srf.ch/news/ukraine-krieg).
Was hilft uns in solchen Situationen? Wie können wir wieder durchatmen, ohne schlechtes Gewissen?
Ob eine Situation belastend ist oder nicht, hängt von der betroffenen Person ab. Was den/die eine/n komplett aus der Bahn bringt, fühlt sich für andere unspektakulär an. Das hängt damit zusammen, dass Menschen Individuen sind, jede/r ist anders. Wir haben unterschiedliche Erziehungsstile in unserer Kindheit genossen, greifen auf verschiedene Erfahrungen über die Lebensspanne zurück und haben persönliche Ressourcen bei stressigen und belastenden Situationen aufgebaut, um nur einen kleinen Teil der Einflussfaktoren zu nennen.
Allgemein hilft, über Belastendes zu reden und Gefühle und Gedanken im Kreise der Vertrauenspersonen mitzuteilen. Dabei stehen vor allem „Ich-Botschaften„ im Mittelpunkt: Ich empfinde…/ Das fühlt sich für mich… an/ Das löst in mir … aus. Als Zuhörer ist es wichtig, nicht zu werten, nicht sofort Tipps zu geben. Schenke deinem Gegenüber Aufmerksamkeit, mit Respekt und Wertschätzung. So entsteht beim Gegenüber ein gutes Gefühl – das Gefühl, gehört zu werden.
Man darf glücklich und zufrieden sein, auch wenn es anderen leider gerade nicht so gut geht. Ja, es fühlt sich falsch an, dies auszusprechen, jedoch ist es wichtig für deine Gesundheit und dein Wohlbefinden. Stell dir vor, du triffst dich mit deinen Freunden am Nachmittag am Seeufer und ihr veranstaltet ein Picknick. Die Sonne strahlt, du freust dich, dass alle deine Freunde Corona-negativ sind und Zeit haben. Die Musikbox spielt deinen Lieblings-Sommer-Song und du schwelgst in Erinnerung an deinen letzten Urlaub. Du verspürst diese innere Wärme und Freude in dir, bemerkst, gut gelaunt zu sein. Plötzlich erinnerst du dich, dass es dir angesichts der weltweiten Geschehnisse viel zu gut geht, und das schlechte Gewissen klopft an. Die Situation mit dem Picknick am See ist aber gleichzeitig geprägt von Dankbarkeit. Dankbar, wieder die Freunde zu sehen, dankbar, in der Natur zu sein, dankbar für die Sonne und die tollen Erinnerungen.
Dankbarkeit hilft uns mit belastenden Situationen und Krisen besser umgehen zu können.
Das bedeutet nicht, dass man die belastende Situation ausblendet und vergisst, sondern, dass man sich gerade dadurch bewusst wird, wofür man im Leben dankbar sein kann. In der Psychologie wird Dankbarkeit meistens entweder als Emotion in einer konkreten Situation (State) oder als Persönlichkeitseigenschaft (Trait) betrachtet. Der Psychologe Wood beschreibt Dankbarkeit als „Teil einer umfassenderen Lebensorientierung, das Gute in der Welt wahrzunehmen und wertzuschätzen.“ Die Wertschätzung von einfachen Freuden steht daher im Mittelpunkt.
(Quelle: Wood, A. M., Froh, J. J., & Geraghty, A. W. A. (2010). Gratitude and well-being: A review and theoretical integration. Clinical psychology review, 30(7), 890–905.)
Integriere Dankbarkeit in deinen Alltag! Gehe bewusst durch das Leben und bedanke dich für die großen und kleinen Freuden. Du kannst deinen Dank auch aussprechen und somit auch anderen eine kleine Freude machen. Da kann der Kaffee im Bistro ums Eck ein Grund sein, dankbar zu sein, als auch die Person, die den Kaffee köstlich zubereitet hat. Versuche drei Dinge jeden Tag zu finden, für die du dankbar bist, und fühle in dich hinein, was das mit dir macht.
Belastende Situationen mit Dankbarkeit meistern.
Belastende Situationen erschüttern unsere innere Balance und beeinflussen unser Leben. Es ist wichtig, diese Situationen wahrzunehmen und über persönliche Empfindungen zu sprechen. Genauso wichtig ist es, Mitgefühl und Emotionen zu akzeptieren, aber auch das Leben weiterzuleben. Durch mehr Dankbarkeit im Alltag kann man dem Ohnmachts-Gefühl entgegenwirken und lernt, bewusster und „dankbarer“ durchs Leben zu gehen. Dies hilft uns nicht nur bei der Krisenbewältigung, sondern verbessert auch die allgemeine Zufriedenheit.
Hier noch ein paar kurze Tipps, wie du mit belastenden Situationen umgehen kannst:
Weiterführende Informationen zu diesem Thema:
Dankbarkeit fördern: https://link.springer.com/chapter/10.1007/978-3-662-63821-7_24
Was macht der Krieg mit unserer Psyche: https://www.srf.ch/wissen/mensch/krieg-im- kopf-was-macht-der-ukraine-krieg-mit-unserer-psyche
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